Das Seebad Wyk: Gründung und Ausblick

Die Zukunft von Wyk hatten auch einige Frauen und Männer des Fleckens um 1819 fest im Blick. Krieg, das Ende des ertragreichen Walfangs und eine nur wenig Erfolg versprechende Handelsschifffahrt hatten Wyk nach 1800 in wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht: „Handel und Gewerbe lagen trostlos danieder, denn die Kaufkraft der Einwohner war gering. … Die Straßen und Wege konnten nicht mehr gepflegt werden. Die Häuser verfielen. … Die Abwanderung nach dem Festland nahm rasch zu.“

Am 15. Juli 1819 wurde deshalb aus der Mitte der Bürgerschaft heraus das Seebad Wyk gegründet. Das Grundkapital dieses Unternehmens war das Nordseewasser, das nach der Analyse eines Wyker Apothekers „an Gehalt das Wasser aller bisher angelegten Seebäder“ übertraf. Ihr Kapital verschaffte sich diese erste Bürgerinitiative Föhrs durch Aktienverkäufe. Der erste Werbeprospekt „Das Seebad auf Föhr in der Westsee“ wurde gedruckt, und man hoffte in diesen „geldschwierigen Zeiten“ auf Aktionäre, die bereit waren, ein Risikokapital zu investieren, von dem niemand wissen konnte, ob es überhaupt Erträge bringen würde. Zweihundert Jahre später wirken Innovation und Tatkraft dieser Wyker Bürgerinnen und Bürger noch immer nach. Aus dem Seebad wurde 1950 ein anerkanntes Nordseeheilbad, von dessen „unvergleichlichstem Wasser“ schon der dänische Märchendichter Hans Christian Andersen geschwärmt hatte.

Abgesehen von einigen wenigen Rückschlägen wurde das Seebad Wyk eine fortlaufende Erfolgsgeschichte. Nicht lange, und es sprach sich herum, wie schön Wyk war mit seinen reetgedeckten Giebelhäusern, den kleinen Gassen, den blühenden Gärten bis hinunter zum Strand, dem frischen Wind und der Sonne, die Frühaufsteher noch immer jeden Morgen von der „Wasserreihe“ (Sandwall) verlässlich bei der Hallig Oland aus der Nordsee steigen sehen. 61 Badegäste kamen bereits im Sommer der Seebadgründung, vier Jahre später 170 Gäste, 1824 schon 185. Hundert Jahre später besuchten über 6000 Gäste die „Perle in der Nordsee“ und hier das hübsche Seebad. Eine Erfolgsgeschichte, die mit mehr als 100.000 Gästen pro Jahr bis heute anhält.

Nur ein Jahr nach dem Ende des Ersten Weltkriegs feierte das Seebad Wyk sein 100-jähriges Bestehen. Was für eine Kraftanstrengung nach vier Jahren Krieg! Ausfallen lassen aber stand nicht zur Diskussion. Das hatte man 1869, zum 50. Jubiläum, nach dem zweiten großen Stadtbrand schon erleben müssen. Und es gab noch mehr gute Nachrichten: Wyk besaß noch 46 Badekarren, warme Bäder wurden weiterhin verabreicht und die Kurkapelle spielte von Juni bis September. Außerdem waren Hotels, Kinderheime und das Sanatorium intakt, sodass jederzeit wieder Gäste aufgenommen werden konnten. Und für die Jubiläumsfeier sollte sich Wyk richtig herausputzen: „Die Bürgerschaft wird ersucht, die Häuser und Straßen mit Blumen und Fahnen zu schmücken, um damit das Interesse zu bekunden, das ein jeder Wyker dem Badeleben unseres Ortes entgegenbringt.“

2019, zur 200-Jahr-Feier, ist aus dem ehemals kleinen Seebad „auf dem smaragdenen Kleinod in der friesischen See“ ein weltweit bekanntes, von vielen heiß ersehntes und überaus gut besuchtes Urlaubsziel geworden. Nicht nur die Naturschönheiten locken nach Wyk auf Föhr, sondern auch viele Sommerveranstaltungen im Bereich Unterhaltung und Sport, Ausflugsmöglichkeiten und der nicht nachlassende Ideenreichtum in Wyk und seinem wunderschönen Umland. Aus den ehemals sittlich vorgeschriebenen Badekarren wurde eine Gemischtsauna mit Meeresblick, Strandkörbe können zur Übernachtung unter Wind und Wolken gemietet werden und aus den getrennten Bademöglichkeiten nach Geschlecht wurde das überall erlaubte „wilde“ Baden. Statt einem „Table d’hôte“, der gemeinsamen Speisetafel der Gäste, sind heute feinste inseleigene Käse auf schmackhaftem Körnerbrot, Teegebäck und Friesentorte, Inselbier und Säfte aus Inseläpfeln lockende Köstlichkeiten. Die Föhrer lieben Äpfel seit jeher, aber für ihre Gäste verzichten sie auch mal auf den einen oder anderen.

Text und Fotos: Karin de la Roi-Frey