Trotz steigender Kundenzahl gut aufgestellt

Bürgermeister Uli Hess informiert sich vor Ort über die aktuelle Situation

20.07.2022

Die Föhrer Tafel als Anlaufstelle für bedürftige Menschen, die sich hier überwiegend mit Grundnahrungsmitteln versorgen können, ist auch auf Föhr nicht mehr wegzudenken. Die Stadt Wyk ist von Beginn an involviert: Sie stellte seinerzeit das ehemalige Haus der Jugendwehr am „Grünstreifen“ zur Verfügung und der Liegenschaftsbetrieb kümmert sich um die Grünanlagen. Erst kürzlich wurden zudem die Dachrinnen erneuert. Nun besuchte Wyks Bürgermeister Uli Hess die Einrichtung und ließ sich vom Tafel-Vorsitzenden Gert Binder und Schriftführer Andreas Hansen über die aktuelle Situation informieren.

Die Kunden kommen aus Wyk und von Föhr-Land gleichermaßen. Neben Insulanern, die wegen einer zu geringen Rente oder weil sie alleinerziehend sind zur Tafel kommen, zählen auch Bürger mit Migrationshintergrund zu den Kunden. Deren Anteil hat sich seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine naturgemäß erhöht. Waren 2021 durchschnittlich jede Woche 24 Personen vor Ort, die Essen für 42 Personen abholten (versorgte Familienmitglieder), hat sich die Zahl der Kunden seit der Ukraine-Krise stetig gesteigert.

So versorgten im Juni 2022 im Schnitt 50 Personen 85 Familienmitglieder. „Tendenz steigend“, sagt Schriftführer Andreas Hansen, „angesichts stetig zunehmender Zahlen bleiben die langfristigen Auswirkungen auf Qualität der Ausgabe und Belastung der Ehrenamtlichen abzuwarten.“

„Von den Händlern erhalten wir noch immer Waren in ausreichender Menge“, ergänzt der Vorsitzende Gert Binder. Das ist vielerorts nicht so, denn insgesamt steigt die Zahl armutsbetroffener Menschen, die ihre Lebensmittel von den knapp 1000 Tafeln in Deutschland beziehen müssen. Pandemie, Ukraine-Krieg und dessen Folgen haben die Zahlen nach oben katapultiert; mehr als zwei Millionen Menschen sind es laut Dachverband Tafel Deutschland aktuell.

Während viele der Einrichtungen einen Aufnahmestopp verhängen mussten, da Lebensmittel oder ehrenamtliche Helfer fehlen, schwimmt die Föhrer Tafel vergleichsweise in ruhigem Fahrwasser. 145 Mitglieder sind aktuell dabei, von denen rund 40 aktiv sind. Montags (Wyk) und donnerstags (Wyk, Föhr-Land und Föhrer Bäcker) sammeln die Fahrer die Waren ein, donnerstags erfolgt ab 13.30 Uhr die Ausgabe. Dabei sei die Atmosphäre im Tafelhaus gut, berichten Binder und Hansen. Dem Vorstand sei wichtig, die Belastung der Ehrenamtlichen erträglich zu halten. Parallel gelinge es mit Hilfe der großzügigen Spender, die Qualität der Essensausgabe für die Kunden gewohnt hochzuhalten. Durch ein bewährtes Zahlensystem komme zudem jeder Kunde alle paar Wochen in den Genuss, sich als erster Waren auszusuchen zu können.

Dabei erfolgt die Ausgabe Corona-konform, berichtet Binder. Das Gebäude darf nur mit Maske und von höchstens drei Personengleichzeitig betreten werden, die sich im Uhrzeigersinn fortbewegen. Im Gebäude darf nur auf die gewünschten Waren gezeigt werden, berührt werden dürfen sie nicht. Wurden die gewünschten Produkte ausgehändigt, müssen sie auch mitgenommen werden.

Seit gut elf Jahren gibt es die Föhrer Tafel, die Mehrzahl der ehrenamtlichen Helfer ist seit der Anfangszeit dabei, und auch Gert Binder ist ein Mann der ersten Stunde. Der Vorsitzende erinnert sich an die Anfangsschwierigkeiten, als viele Insulaner die Scham von einem Besuch am „Grünstreifen“ abhielt. Die anfängliche Scheu sei allerdings schnell abgelegt worden. Die Idee der Gründung kam aus den Reihen des Föhrer Lions-Clubs, der die ehrenamtliche Organisation bis heute unterstützt. Deren Mitglieder Matthias Zietz und Marko Reese waren die Initiatoren und im März 2010 wurde die Tafel im Gemeindehaus der ev. Kirchengemeinde St. Nicolai ins Leben gerufen.

Das Ziel, den Warenüberschuss auf der einen und den kleinen Geldbeutel auf der anderen Seite zusammenzuführen, wurde in den vergangenen Jahren dank der vielen Helfer und Spender erreicht. Deren Engagement wie das Ehrenamt insgesamt könne nicht hoch genug bewertet werden, sagte Wyks Bürgermeister Uli Hess nach der Besichtigung von Ausgaberaum sowie Lager-, Kühl- und Aufenthaltsraum. „Es war mir wichtig, mir selbst ein Bild zu machen. Als ich nach Föhr kam, kannte ich die Tafel aus größeren Städten und konnte mir nicht vorstellen, dass eine solche Einrichtung auch auf der Insel gebraucht wird.“